Abenteuer-Expedition Lebensführung

(von der Kunst sich selbst zu führen)
Auf dem Uhuru Peak, der Gipfel des Kilimandscharo
Der Gang durchs Leben gleicht einer Wanderung. Man spricht daher auch vom Lebensweg. Da es sich aber eher um eine Abenteuer-Expedition als um einen Sonntagsspaziergang handelt, will diese Wanderschaft gut vorbereitet und mit der richtigen Ausrüstung versehen werden. Spontan losziehen oder sich treiben lassen, ist keine Option.

Leider gehen viele Menschen zu leichtsinnig und mit der falschen Ausrüstung auf eine Bergwanderung. Immer wieder muss die Schweizerische Rettungsflugwacht Touristen mit Turnschuhen oder Sandalen, die ohne Bergkenntnisse unterwegs sind, in Sicherheit bringen.
So ist es auch im wahren Leben. Mit Stürmen, kühlem Wetter und Verletzungen muss gerechnet werden, da der Weg durchs Leben lang und unberechenbar ist. Wie rüste ich mich richtig dafür aus? Wo kann ich neue Kräfte tanken und wie bleibe ich sicher auf dem Weg? Wie kann ich leichtsinnige Fehler vermeiden? Darum geht es in diesem Artikel, der meine eigenen Ansichten zum Buch „von der Kunst, sich selbst zu führen“ von Thomas Härry wiedergibt. 

Dieses Buch zum Thema „Selbstführung“ ist vollgespickt mit Lebensweisheiten zum drüber nachdenken. Ich finde das Buch sehr gut, obwohl es sich um ein Konzentrat wie dicker Sirup handelt, das sich nicht sehr flüssig liest, sondern Häppchenweise erarbeitet werden muss. Auch dieser Artikel schneidet dutzende Lebensthemen an, als ob ich mit 32 schon alles übers Leben wüsste. So ist es natürlich nicht, ich habe mich lediglich mit diesen Themen in letzter Zeit beschäftigt und versuche sie hier so einfach wie möglich wiederzugeben.

Routenplanung: Sich selbst und sein Ziel kennen

Die einzelnen Etappenziele der sogenannten Marangu Route am Eingang zum Kilimanjaro National Park
Die meisten Unfälle im Gebirge passieren, weil die Menschen sich überschätzen. Sich selber gut zu kennen ist auch beim Gang durchs Leben unablässig. Wer bin ich? Was kann ich? Und vor allem: wer bin ich nicht und was kann ich nicht?

Wer diese Erkenntnis gewonnen hat, geht sicherer und gelassener durchs Leben. Er kann Verantwortung für seine Gefühle und sein Handeln übernehmen und macht das Beste aus seinen Umständen, so schwierig sie auch sein mögen.

Gott lädt uns ein, unser Leben zu gestalten. Er hat uns dafür einen freien Willen, Kreativität und die ganze Schöpfung zu Füssen gelegt, damit wir sie bebauen und bewahren; etwas draus machen. Leider kneifen viele Menschen und nehmen ihre Möglichkeiten nicht wahr. Neigen zu Passivität, lassen sich fremdbestimmen oder kontrollieren alles und jeden statt sich selbst und verlieren dabei die Kontrolle über das eigene Leben.

Wir sind zu einem Eigenbestimmten Leben nach dem Ebenbild Gottes geschaffen und haben das Privileg unser Leben AKTIV zur Ehre Gottes zu gestalten (lies z.B. 1. Petrus 4, 7-11). Dabei geht es nicht darum, sich bis zur Perfektion selbst zu optimieren, sondern um eine gesunde und verantwortungsbewusste Lebensweise und der Entfaltung unserer eigenen Talente. Der erste Schritt dazu: die eigene Identität erkennen.

Wer bin ich?

Wer ins Gebirge möchte, studiert zuerst eine Landkarte und nimmt sie mit in den Rucksack. Denn der Handy-Empfang ist nicht immer gegeben und der Akku vom Smartphone nach einem Tag leer. Die Karte aus Papier aber bleibt. Genauso ist es mit unserer Identität. Wir haben sie am besten immer dabei und nicht bloss auf Abruf. Der Selbstführung geht ein gefestigtes Selbst voraus.
Wer bist du? Was möchtest du?
Eine realistische Selbsteinschätzung ist enorm wichtig. Dazu kommt die Dankbarkeit für die Eigenschaften und Möglichkeiten, die Gott mir gegeben hat. Auch muss ich meine Grenzen kennenlernen und sie akzeptieren. Ich kann nicht alles, ich bin beschränkt. Trotzdem bin ich zuversichtlich mir gegenüber und kann mich selbst annehmen, denn ich weiss Gott liebt mich. Er hat mich gemacht und ich ziehe meine Identität aus Gott. Zimmert euch Trägerbalken für eure Seele mit göttlichen Wahrheiten wie diesen:

  1. Ich bin von Gott gewollt und wunderbar geschaffen                    Psalm 139, 13-14
  2. Ich bin mit Ehre ausgestattet und mit Herrschaft gekrönt               Psalm 8, 6-7
  3. Ich bin angenommen bei Gott                                                         Jesaja 43,11.       
  4. Ich werde von Gott versorgt und geführt                                          Psalm 23, 1-3 1.       
  5. Ich werde von Gott geliebt und umjubelt                                          Zefanja 3,17 
  6. Ich bin und bleibe von Gott getragen                                              Jesaja 41,10 
  7. Ich wurde und bin überreich gesegnet                                              Epheser 1,3
Mit einer solchen Identität als Fundament gehen wir stark, ausgeglichen und mit Gelassenheit durchs Leben. Auch in schwierigen Situationen. Leitende ohne gefestigte Identität gefährden sich und andere, indem sie in schwierigen Situationen unangemessen reagieren. Ein gefestigtes Selbst zu haben ist deshalb so wichtig, weil es einen direkten Einfluss auf unsere Beziehungen und die Gestaltung unserer Aufgaben hat. Die eigene Identität zu kennen ist jedoch nicht einfach, es ist eine Lebensaufgabe, der wir uns immer wieder stellen müssen. Wer keine gefestigte Identität hat, soll zuerst hier seine Defizite aufräumen, bevor er andere Lebensaufgaben übernimmt. Sei es durch die Verinnerlichung dieser oder anderer Wahrheiten wie Gott dich sieht, durch Coaching, Seelsorge einen Mentor und so fort.

Was kann ich?

Wir alle haben unterschiedliche Talente und Fähigkeiten die sich ermitteln lassen. Es ist wichtig, herauszufinden, was man kann, damit man eine Lebensaufgabe findet, in der man gut aufgehoben ist. Das Ziel beim Entdecken unserer Talente geht weit über die eigene Erfüllung hinaus: Wir können erfahren, wie wir Gott und seiner Gemeinde am besten dienen können.
Jeder Mensch hat unterschiedliche Talente, Fähigkeiten und Gaben. Was kannst du?
·         Was kannst du gut und machst du gerne (angeborene Talente)?
·         Was hast du gelernt (erlernte Fähigkeiten)?
·         Welche geistlichen Gaben hat Gott dir gegeben?
Stelle dir zudem die folgenden Fragen:
·         Fühlst du dich in deiner derzeitigen Rolle wohl?
·         Kommen deine Talente und Fähigkeiten hier zum Einsatz?
·         Oder bist du gezwungen, etwas zu sein, das du gar nicht sein kannst?
·         Was würde dir eher liegen?

Was will ich?

Eigene Lebensziele zu formulieren ist nicht immer ganz einfach. Folgender Trick kann dabei helfen:
Betrachte dein Leben vom Sterben her. Was soll über dich einst gesagt werden? Dass du ein guter Vater, lieber Ehemann und echter Freund warst?
An welchen Leitwerten und Grundsätzen möchtest du dein Leben lang festhalten? Was ist dein Lebensziel? Wo kannst du Gott am besten dienen? Wie lassen sich diese Lebensziele mit dem Ehepartner / den Kindern vereinen?

Weil der Weg lang und steinig ist, brauchen wir ein Ziel vor Augen, um nicht planlos umherzuirren. Richte deinen Blick auf das Ziel, so kannst du neue Motivation schöpfen.


Marschvorbereitung: Sich ausrüsten, versorgen und pflegen

Das Highlight nach einem anstrengenden Tag: Eine nahrhafte Mahlzeit
Wir kennen unsere Kräfte und haben ein Ziel vor Augen. Doch bevor wir auf eine Expedition aufbrechen, muss der Rucksack gepackt werden. Was brauchen wir um durchzukommen, unterwegs Kraft zu tanken und in Notfällen Hilfe zu erfahren?
Auf unseren Lebensweg übertragen heisst das für mich: Wie können wir Sorge zu unserem Körper, unserem Geist und unserer Seele tragen, damit wir nicht vor dem Ziel scheitern?
Die Selbstfürsorge hat verschiedene Aspekte und muss uns konstant auf unserem Weg begleiten. Ansonsten treiben wir Raubbau an unserem Körper oder fügen unserer Seele Schaden zu.
Die erste und wichtigste Ressource ist die Spiritualität.


Ressource Spiritualität

Darunter verstehe ich, dass wir uns Zeit nehmen, unsere eigene Seele zu versorgen. Uns füllen lassen von Gott, damit wir anderen diese Liebe weitergeben können. Denn wenn die Tankanzeige unserer Seele auf leer steht, haben wir selbst zu kämpfen und unsere Beziehungen sowie unsere Aufgaben leiden darunter. Wie können wir also unsere Seele nähren und gleichzeitig Gott dienen?

  • Pflege deine Beziehung mit Gott. Nimm dir Zeit für ihn. Wenn es sich spontan nicht ergibt, trag dir eine Zeit in deiner Agende dafür ein und halte dich daran.
  • Lese und studiere die Bibel, lass Gottes Wort zu dir reden.
  • Sing oder höre geistige Lieder
  • Bete zu Gott in vielfältiger Weise: Ein Dankgebet, eine Fürbitte, ein Stossgebet oder ein Gebet mit Fragen an Gott (sei danach still und höre, ob Gott zu dir durch dein Herz spricht)
  • Bete Gott in der Gemeinde an
  • Du kannst auch fasten, über Gott nachdenken, über Gott mit vertrauten Menschen reden, christliche Vorträge oder Filme ansehen usw.

Welche Ausdrucksform der Spiritualität passt zu dir? Wo kannst du dich füllen lassen? Wichtig: Die Spiritualität ist nicht dafür da, Gott etwas zurückzuzahlen. Die Gnade ist ein unbezahlbares Geschenk!

Warum kommt uns oft anderes in den Sinn, wenn wir uns Zeit für Spiritualität vornehmen? Weil wir uns schwertun, uns mit uns selbst auseinander zu setzen. Doch mit ein wenig Übung schaffen wir das!

Wir dürfen uns immer wieder neu ins Bewusstsein rufen: Gott ist da! Er möchte Platz haben in unseren Herzen und uns veredeln. Wo kann Gott in uns drin noch wirken? Welche Bereiche unseres Lebens möchten wir ihm darlegen?

Die eigene Spiritualität zu entdecken und zu leben ist ein Abenteuer. Ob spontan oder geplant, still oder laut, allein oder mit andern, in der Natur oder im stillen Kämmerlein. Ein neues Buch? Neue Lieder?  Ein Vertiefungsprojekt? Es gibt kein richtig oder falsch. Versuche neue Formen aus. Was funktioniert? Was nicht?


Ressource Beziehungen

Eine weitere Kraftquelle, ohne die wir schwer durchs Leben kommen, ist die Energie, die wir aus guten Beziehungen schöpfen können. Der Mensch ist nicht gemacht zum allein sein: Geteiltes Leid ist halbes Leid und geteilte Freude ist doppelte Freude.
Jeder Mensch sollte sich daher zum Ziel setzen, einige gute Freunde um sich zu haben. Es kommt nicht auf die Menge der Freunde an, sondern auf die Qualität der Freundschaft. Lieber nur zwei bis drei gute Freunde haben, auf die man sich verlassen kann. Doch solche Freundschaften sind nicht selbstverständlich und bauen sich nicht über Nacht auf. Deshalb solltest du deine Freundschaften ganz bewusst pflegen und gezielt über Jahre vertiefen.
Gute Freunde:

  • Sehen einander regelmässig 
  • Lassen einem an wichtigen Dingen im Leben teilhaben 
  • Geben Einblick in ihr Inneres
  • Verbergen nichts, vertrauen einander
  • Müssen nicht ständig darauf achten, was sie sagen, wenn sie zusammen sind
  • Sind gerne zusammen, die Themen gehen nicht aus
  • Würden einander ohne Zögern in einer Notsituation anrufen
  • Sind füreinander da.
  •  Ermutigen und sprechen auch Kritisches an

Es ist nicht einfach, solche Freunde zu haben. Es ist auch nicht einfach, jemandem ein so guter Freund zu sein. Deshalb braucht es Pflege, Zeit, Geduld und vor allem dranbleiben.
Überlege dir, wo du solche Freundschaften hast, in die du investieren willst: im Familienkreis, bei der Arbeit, in der Gemeinde, in der Nachbarschaft, ehemalige Militär- oder Schulfreunde…?

Darüber hinaus ist für Verheiratete der eigene Gefährte in der Ehe natürlich nochmals ein Geschenk mit einer viel grösseren Bedeutung als eine Freundschaft, aus der wir enorm viel Kraft schöpfen können und in deren Qualität wir stets investieren sollten.


Ressource Vitalität

Ohne einen guten, vitalen Körper sind wir unseren Aufgaben nicht wirklich gewachsen. Da das Leben kein Sprint sondern ein Marathon ist, müssen wir die Kräfte einteilen. Es bringt also nichts, jetzt im Moment alles zu geben, was wir können und später ausgebrannt die Zeche dafür zu bezahlen. Stattdessen müssen wir uns fragen: Was will ich leisten? Und nicht was kann ich leisten, wenn ich bis ans Limit gehe?

Gerade in der Jugend, meinen wir, über unerschöpfliche Kraftreserven zu verfügen. Doch jede dauerhafte Überlastung rächt sich früher oder später. Deshalb ist es wichtig über Erholung, Ernährung und Bewegung nicht nur nachzudenken, sondern auch konkrete Schritte einzuleiten.
Für mich persönlich heisst das:

  •  Sieben bis acht Stunden Schlaf
  •  Tagsüber viel Wasser trinken
  •  Koffein, Zucker und Alkohol einschränken
  • Regelmässig Sport an der frischen Luft (1-2 mal pro Woche 1-2h Ausdauersport)
  • Kraftübungen, Yoga, Dehnen, möglichst täglich ein paar Minuten (wichtig für Bürolisten ;-)
  • Abwechslungsreiche Ernährung mit genug Obst, Gemüse und Früchten
  • Zeit für Meditation, Gebet, Ruhepausen finden


Darüber hinaus dienen Ferien, Abwechslung, Familienausflüge und so weiter, um mir wieder neue Vitalität zu verschaffen.

Auf dem Weg: sich steuern und orientieren

Träger einer Wandergruppe auf dem Weg ins nächste Camp
Wir kennen das Ziel und sind ausgerüstet fürs Abenteuer. In Wirklichkeit sind wir schon längst mittendrin. In diesem Abschnitt geht es um Möglichkeiten sich unterwegs zu steuern und zu orientieren, damit wir unseren Weg fortsetzen können, wenn wir stolpern, im Nebel den Weg aus den Augen verlieren oder einen Umweg einschlagen müssen.


Selbststeuerung meiner Gefühle

Verstehe ich, was in mir momentan vorgeht? Wer hat derzeit bei mir das Steuer in der Hand? Bin ich fremdgesteuert? Durch meine Gefühle? Dann versuchen wir den Ursachen auf den Grund zu gehen.
Emotionen sind nichts Schlechtes. Sie gehören zu uns. Doch es ist wichtig unsere Emotionen zu verstehen. Wenn ich angespannt, gestresst oder gereizt reagiere, sind dafür nicht die Anderen schuld, sondern meistens meine Ängste:

  • Die Angst zu versagen
  • Die Angst nicht dazuzugehören
  • Die Angst nicht beachtet zu werden
  • Die Angst wertlos zu sein
  • Die Angst verlassen zu werden
  • Die Angst Gott nicht zu genügen

Wenn ich auf eine Kritik (berechtigt oder unberechtigt) sehr emotional reagiere und deswegen nicht schlafen kann, mache ich mir das Leben unnötig selbst schwer und lasse mich von meinen Gefühlen steuern. Die haben eine Macht über mich, die ich ihnen eigentlich gar nicht geben will. Schuld daran ist nicht derjenige, der mich kritisiert, sondern mein Umgang mit meinen Gefühlen. Vielleicht ist es die Angst zu versagen, die mich so anfällig auf Kritik macht. Kann ich die Verantwortung für dieses Gefühl übernehmen und darüber nachdenken, hilft es mir, die Kontrolle über mich zurück zu erlangen und bei Kritik gelassen zu reagieren. Ich entscheide selbst, wie ich auf meine Lebensumstände reagieren möchte. Es sind nicht die Lebensumstände, die mir diktieren, wie ich mich zu fühlen hab.

Ich kann Gott meine Gefühle hinhalten und meine Machtlosigkeit anerkennen. Ich kann mir helfen lassen von Gott und von anderen Menschen.

Besonders kritisch wird es, wenn wir uns in die Enge getrieben fühlen. Wir handeln meist wie ein Tier, sehr impulsiv mit Angriff oder Flucht. Beide Varianten sind (im Nachhinein gesehen) keine klugen Entschlüsse. Besser ist es, in einer schwierigen Situation Ruhe zu bewahren, die Gefühle zu durchschauen und zu versuchen, besonnen darauf zu reagieren. Was würde Jesus tun? Er hat unseren Kampf ohnehin schon gewonnen, wir müssen keinen Kampf für unser Ego führen. Wenn wir nicht wissen was tun, können wir auch erstmal gar nichts tun, bis wir klarer sehen (besser als das Falsche tun) und lernen auch mit ungelösten Situationen zu leben.


Selbststeuerung in meinen Beziehungen

Auch in unseren Beziehungen dürfen wir uns selbst sein. Lernen Ja und Nein zu sagen. Lernen unsere Grundwerte und wichtigen Bereiche im Leben zu schützen. Eindringlinge als solche erkennen. Zu wissen, dass wir nichts „müssen“, sondern frei entscheiden dürfen, wo wir uns engagieren möchten und wo nicht. Sich bewusst machen, dass wir nicht alles machen können und daher Prioritäten (auch in unseren Beziehungen) für unser Leben setzen müssen.

Dazu gehört auch eine gesunde Balance von Verbundenheit und Eigenständigkeit. Wie gehen wir mit Menschen um, die nicht der gleichen Meinung sind wie ich? In einer Gruppe gegen uns opponieren? Die meisten Leute brechen mit solchen Menschen früher oder später die Beziehung ab, weil sie ein zu hohes Bedürfnis nach Harmonie haben. Dabei sollten wir lernen, Meinungsverschiedenheiten zu akzeptieren (auf der Sachebene) und die Person weiter zu lieben (auf der Beziehungsebene).
Ebenso dürfen wir auch lernen, unsere eigene Meinung zu vertreten und uns nicht immer aufgrund des Zugehörigkeitsgefühls der Meinung der Gruppe anzuschliessen. Lernen andere zu loben, dafür, dass sie ihre eigene Meinung haben. Lernen, nicht auf die Person zu schiessen und gegen Kontrahenten zu kämpfen. Nehmen wir Jesus als Vorbild. Er hat die Sünder geliebt und mit ihnen Gemeinschaft gepflegt. Hat er dadurch ihre Sünden gutgeheissen oder seine Meinung darüber verschwiegen? Nein, im Gegenteil. Er hat vorgemacht, dass wir trotz unterschiedlicher Lebensweise und Werte alle Gottes geliebte Kinder sind.

Du bist ein Befürworter der Allgemeinmedizin, ich der Alternativmedizin. Du wählst sozial, ich konservativ. Du lebst um zu arbeiten, ich arbeite um zu leben. Du bist katholisch, ich evangelisch. Wunderbar! So vielfältig hat Gott meine Freunde geschaffen!


Selbststeuerung in meinen Lebensbereichen             

Thomas Härry zeichnet das Bild von unserem Leben als Schlitten und von sechs Lebensbereichen als Schlittenhunde. Um das Gespann ausgeglichen und sicher durch den Schnee zu bringen, müssen wir schauen, dass wir jeden der einzelnen Hunde/Lebensbereiche optimal einspannen. Keiner darf zu dominant sein und keiner zu kurz kommen, damit unser Lebensschlitten sicher dahingleitet.
Die sechs Lebensbereiche                                               

1.       Zeit mit Gott
a.       Gebetszeiten, Stille Zeiten, Bibellesezeiten, in die Agenda einplanen
b.      Wo ergibt sich spontan, unter dem Tag Zeit Gott nahe zu sein

2.       Beruf
a.       Wie viel will/soll ich arbeiten?
b.      Habe ich meine Überstunden / Arbeitszeiten im Griff?
c.       Ist mein Beruf geeignet für mein Leben oder nehme ich zu viel Arbeit/Probleme mit nach Hause?

3.       Familie
a.       Schützenswertes definieren, wie gemeinsame Mahlzeiten, Unternehmungen, freie Tage, Urlaube.
b.      Zeit für Gespräche und Zweisamkeit mit dem Partner
c.       Zeit für jedes Kind
d.      Es mag helfen, einzelne regelmässige Zeiten zu definieren, damit niemand in der Familie zu kurz kommt, je nachdem wie sehr du im Beruf eingespannt bist: Paar-Abend am Donnerstag, Vater-Sohn-Tag am Samstagnachmittag usw.

4.       Zeit für mich selbst
a.       Was ist das? (Scherz)
b.      Zeit für meine Interessensgebiete und Hobbies
c.       Zeit für Regeneratives wie Ausschlafen, ein Spaziergang, ein Film schauen
d.      Zeit für Sport

5.       Entwicklung
a.       Wir wollen Zeit finden, uns neue Fähigkeiten anzueignen.
b.      Sich zum Beispiel jedes Jahr mit einem neuen Thema intensiver auseinanderzusetzen. Beispiele: Karatetraining, Kochkurs, Buch zum Thema Webseitengestaltung, Experiment Bierbrauen, Pilze oder Teekräuter sammeln…
c.       Es tut uns gut Neues zu erlernen und unsere Fähigkeiten zu erweitern.

6.       Regeneration
a.       Ausreichend Schlaf
b.      Ruhe in Form von Pausen und Ruhetagen einbauen.


Selbststeuerung in meinen Lebensphasen

Nicht nur das Leben ändert sich stetig, auch wir sind nicht immer dieselben. Wir werden älter. Es ist wichtig, dass wir unsere Lebensphasen richtig einordnen können und lernen, wann es an der Zeit ist, sich aufgrund einer neuen Lebensphase neu zu orientieren. Schön ist, wenn wir mit anderen (jüngeren und älteren) zusammenarbeiten können. Doch eine neue Lebensphase ist immer mit einem Loslassen, Krisen, Übergängen und Neuorientiereng verbunden, bei der wir an unsere Grenzen stossen können.

Die Tatkraft der Jugendjahre: Wir sind vital, offen für Neues, revolutionär, kompromisslos. Obwohl unerfahren, schwärmen wir aus, die Welt zu erobern. Wir können es besser als die vorhergehende Generation und möchten es allen beweisen. Unser Denken ist oft schwarz / weiss geprägt, es fehlt uns noch die wichtige Erfahrung des Scheiterns. Trotzdem muss man uns machen lassen. Es ist an dieser Generation zwischen 18-35 Neues zu schaffen. Niemand gründet so viele Firmen wie diese Generation. Umso wichtiger ist es in Gemeinden und Arbeitsprojekten diese Generation einzubinden. 

Erfahrungsschatz der Lebensmitte: Ein möglicherweise schmerzlicher Übergang, wenn wir erkennen, dass die Jugendjahre vorbei sind. Wir an die Grenzen unserer Kraft stossen. Empfinden, dass Arbeit, Familie und das Leben uns zu viel aufbürden. Ein Bedürfnis nach Ruhe stellt sich ein. Eine Ernüchterung über das Erreichte macht sich breit, wenn wir zurückblicken, was aus unseren Visionen der Jungendjahre geworden ist. Oder aber wir blicken mit Freude auf das Erreichte zurück und sind froh, jetzt einen Gang runter schalten zu dürfen. Es gilt jetzt weder zu einem Skeptiker noch zu einem Besserwisser zu werden, sondern, sondern den Neuanfang mit Gott zu machen, indem wir seine Gnade immer besser kennen und schätzen lernen und dank unserem Erfahrungsschatz unser Denken differenzieren. Es ist die Zeit anzukommen, in unseren Beziehungen und in unserer Lebensaufgabe. Wir sind jetzt der Garant für Kontinuität und Qualität. 

Weisheit des fortgeschrittenen Alters: Auch dieses Alter wird von einer Krise eingeläutet: Mid-Life-Crisis. Wir werden uns unserer Vergänglichkeit bewusst. Zählen die Jahre, die uns noch bleiben, bis zur Rente, bis zum Altersheim, bis zum Tod. Unsere körperlichen Grenzen sind zunehmend spürbar. Doch wer sich mit diesen Tatsachen versöhnen kann, der kann die Chance dieser Lebensphase nutzen. Denn alte Menschen sind reiche Menschen. Reich an Erfahrungen, Erlebnissen, Erinnerungen. Sie geniessen das Vorrecht nicht mehr leisten zu müssen, sondern Leben zu dürfen. Es ist ihre Aufgabe diesen Schatz an die Jungen weiterzugeben und zu Mentoren, Impulsgebern und Vater oder Mutter im Glauben zu werden. Schenke deinen Mitmenschen Zeit und Präsenz, dort wo du gefragt wirst. Arbeite mit Jungen zusammen und lasse dich von ihnen inspirieren. Sei einfach, du musst dich nicht mehr beweisen, du musst nicht mehr rechthaben, du musst nicht mehr erreichen, du hast erreicht.
In welcher Lebensphase befinde ich mich? Mit welchen Herausforderungen und Übergängen habe ich zu kämpfen?


Von Aufgaben und Verzicht

Wer bin ich, ohne meine Aufgaben und Posten? Eine Überidentifikation ist doppelt ungesund. Für meine Amtsausführen und für mich selbst. Wir sind nicht was wir leisten. Wenn wir uns zu sehr mit unseren Aufgaben identifizieren, ist das für uns selbst ungesund, denn wir lassen alles zu sehr an uns heran. Wir sind gestresst und fallen in ein Loch, wenn wir von unserem Amt enthoben werden.
Deshalb gilt es immer wieder sich kritisch zu hinterfragen, warum ich welche Aufgabe mache und ob es nach wie vor Sinn macht, dass ich das mache. Loslassen befreit! In einer Gemeinde oder bei der Arbeit droht sonst ein Ungleichgewicht, wenn einige Überfunktionieren (alles machen) und einige Unterfunktionieren (keine Verantwortung übernehmen). Es ist also auch eine Chance für beide Seiten, wenn ich eine bestimmte Aufgabe in andere Hände geben kann.

Verzicht ist nicht nur bei Aufgaben ein Thema. Unsere Wahlfreiheiten werden manchmal zu einem richtigen Fluch. Die Möglichkeiten überfordern uns wie ein hundertseitiges Menü. Wahlfreiheit kann zum Fluch werden, wenn wir meinen, immer noch etwas Besseres, Günstigeres, Schöneres ergattern zu müssen. Die Freiheit liegt eben nicht darin, all diesen Freiheiten hinterherzujagen wie ein Getriebener, sondern die wahre Freiheit liegt darin, freiwillig auf Unwesentliches verzichten zu können. Alles ist flüchtig und nichtig, Segen liegt einzig bei Gott allein, das wusste schon Salomo. Wir müssen nicht über alles Bescheid wissen (News und Klatsch) und jeden Modetrend mitmachen. Wer dieses weltliche Streben ablegt, erfährt eine neue Freiheit in Gott. Aus dieser Perspektive lassen sich Fragen anders beantworten: Wie viele Stunden Arbeit muss es sein? Mit wem möchte ich Zeit verbringen? Wie gross muss mein Auto sein (wenn ich eins brauche), zu welchen Treffen möchte ich noch gehen?

Orientierungs- und Entscheidungshilfen

Ziel der Selbstführung ist nicht ein egoistisches Treiben um sich selbst, sondern, sich als Jünger Jesu und brauchbares Werkzeug Gott zur Verfügung zu stellen. Was hilft uns dabei? Einige Punkte aus Römer 12 herausgeschält:
  •  Hat Gott Freude an mir und meinem Tun?
  •  Nach welchem Massstab richte ich mich? Der Welt? Gottes?
  •  Habe ich eine gesunde Selbsteinschätzung oder denke ich schlecht von mir? Oder halte mich für etwas Besseres?
  •  Welche Gaben habe ich und setze ich sie mit Freude ein?
  •  Begegne ich meinen Mitmenschen mit Liebe und Achtung?
  •  Brennt das Feuer des Heilligen Geistes in mir?
  •  Gelingt es mir hilfsbereit und gastfreundlich zu sein und kann ich auch denen Gutes tun, die mir schlecht gesinnt sind.


Es ist immer wieder gut zu reflektieren, innezuhalten, diese Punkte durchzugehen, um zu prüfen, ob man noch auf dem richtigen Weg ist.

Was ist wenn der Weg sich gabelt? Soll ich nach Links oder Rechts gehen? Anbei ein paar Entscheidungshilfen, die bei schwierigen Entscheidungen im Leben helfen können:

  •  Entsprechen meine Pläne Gottes Wille? Was würde Jesus tun?
  •  Habe ich die Ressourcen für diese Aufgabe? Kraft, Zeit, finanzielle Mittel, Kenntnisse, Erfahrungen…
  •  Passt der Plan zu meinen Lebensumständen? Für meine Familie? Zu meinem Wohnort?
  •  Passt das Vorhaben zu meiner Rolle und Stellung in der Gruppe?
  •  Bin ich bereit Rechenschaft vor Gott für diese Sache abzulegen und Spannungen auszuhalten, die eine Führungsaufgabe unweigerlich mit sich bringt, da ich nicht wie Gott die Konsequenzen meines Tuns abschätzen kann und somit unweigerlich in Situationen komme, in der ich nicht zweifelsfrei zwischen richtig und falsch unterscheiden kann?


Fazit

Blick vom Gipfel auf das Gletschereis und über die Wolken in den Ebenen Afrikas

Warum das Ganze? Macht es wirklich Sinn sein Leben zu planen und sein Tun zu überdenken, alles Elemente der Selbstführung? Auf jeden Fall!

Es ist sogar Gottes Wille, dass wir unser Leben in die Hand nehmen, Verantwortung übernehmen und für uns selber sorgen:

  •  Jeder prüfe sich selbst und trage seine eigene Last (Galater 6,4-5)
  •  Habt acht auf euch selbst (Apostelgeschichte 20,28)
  •  Entwickle deine Gaben, lass dein Fortschritt allen offenbar werden und hab acht auf dich selbst (1. Timotheus 4,14-16)

Bevor wir andere führen und (in Sanftmut und Demut) auf ihre Fehler hinweisen, müssen wir bei uns selbst beginnen. Wir müssen uns selbst führen und immer wieder prüfen. Den Balken im eigenen Auge erkennen. Offen sein für Kritik. Uns nicht selbstrechtfertigend sondern immer wieder fragend vor Gott stellen: „Herr was willst du von mir“?
  • Dann gelingt es uns offen und bereit zu sein für die Herausforderungen, die das Leben an uns stellt.
  • Dann können wir den Weg voller Zuversicht gehen mit dem Blick fest auf das Ziel gerichtet: Gottes Reich.
  • Dann haben wir einen gesunden Umgang mit unserem Selbst und unseren Lebensumständen, indem wir nicht versuchen „perfekt“ zu sein, sondern das Beste aus den on Gott gegebenen Möglichkeiten zu machen.
  • Und dann können wir wirken und die Welt zu einem besseren Ort machen, indem wir unsere Fähigkeiten anderen zuteil kommen lassen und das Potential in ihnen erkennen und entwickeln.

Quelle und Buchempfehlung: 


Ich wünsche euch allen gute Fortschritte bei der Selbstführung. Wir sehen uns am Ziel!

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